Ich bevorzuge Papier...

Ein Interview mit Gérard Bardon, Chefredakteur der regionalen

Gratiszeitung „Le Petit-Solognot“

 


- existiert seit 1983

- ist kostenlos

- erscheint alle 14 Tage

- wird in 150 Gemeinden verteilt

- hat 130 000 Leser, das entspricht dem fast 2 mal vollbesetzten Berliner Olympiastadion

 

 

 

 

 

 

 

 

Seit wann gibt es den ,,Petit-Solognot" schon?

Er wurde 1983, anlässlich einer in der Region sehr bekannten Veranstaltung - die „Gastronomische Tage der Sologne“ heißt - ins Leben gerufen. Unsere erste Ausgabe war eigentlich ausschließlich ein Programm dieser Veranstaltung. Und dann haben wir beschlossen das Abenteuer „Petit-Solognot“ fortzusetzen.

Was ist die Besonderheit der Zeitung?

Sie ist eine der ersten kostenlosen Zeitungen in Frankreich, die nicht nur Kleinanzeigen, sondern auch Lokalnachrichten, Informationen über die Region und die historische Sologne enthält.

Wird sie von vielen Leuten gelesen?

Die Zeitung hat eine Auflage von 52 000 Exemplaren, wir erreichen somit ungefähr 130 000 Personen pro Monat. Das Interesse ist also recht groß  und wir leben dank der Werbung.

Lohnt es sich für die Leute, Werbeanzeigen zu veröffentlichen?

Sicher! Manche schalten ihre Anzeigen seit der ersten Ausgabe und wir erreichen bald Ausgabe 500.

 

Presse und Werbung (von Christophe Matho, Generaldirektor des CPE Verlags)

Früher gab es keine Werbung in Zeitungen. Also lasen sehr wenige Leute Zeitungen, da diese sehr teuer waren. Zur damaligen Zeit waren die Journalisten gleichzeitig Drucker und zwei unter ihnen, zwei Franzosen, hatten die Idee, Werbung in die Zeitung zu setzen, um diese so billiger zu machen. Heute gibt es zwei Formen von Presse: die kostenpflichtige Presse, in der die Werbeanzeigen auf höchstens 30% festgesetzt sind und die Gratispresse. Hier kann man soviel Werbung bringen wie man möchte . Im ,,Petit-Solognot" haben wir ein Modell mit 50% Text und 50% Werbung.

 

An welche Altersgruppe richtet sich der ,,Petit-Solognot"?

Uns ist aufgefallen, dass eine junge Leserschaft (20-25 Jahre) beginnt, sich für die Zeitung zu interessieren, aber hauptsächlich haben wir Leser ab 35 Jahren. Wir haben auch eine Internetseite mit einem vielleicht jüngeren Publikum.

Bedroht das Internet Ihre Zeitung?

Ehrlich gesagt, nein. Wir haben bemerkt, dass sich beides ergänzt. Wir stellen sogar Artikel online, drei Tage bevor wir sie auf Papier veröffentlichen. Vielleicht braucht man eines Tages kein Papier mehr, aber das liegt noch in weiter Ferne. Ich habe erfahren, dass ein I-Pad herausgekommen ist, auf dem man ganze Zeitungen lesen kann. Ich persönlich bevorzuge Papier mit seinem Geruch, seiner Beschaffenheit. Und ihr?

Wir bevorzugen es auch, Zeitungen auf Papier zu lesen.

Wieviele Leute arbeiten dort?

16 Personen, inklusive der Verkaufsabteilung. Ich bin der Chefredakteur und habe ein Team von vier Journalisten, außerdem überall ein paar Korrespondenten. Es gibt außerdem einen Versandservice und -handel und die Auslieferer. Weil die Zeitung gratis ist, stellen wir sie den Geschäften großer Einkaufspassagen zu, das heißt den Bäckereien, den Metzgereien, den Großsupermärkten, wo die Zeitung ausgelegt wird und die Leute sie nehmen. Die 52 000 Exemplare sind nach zwei Tagen vergriffen, danach gibt es keine mehr. Die Leute warten auf sie. Sie hat sich wirklich etabliert.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kann man eine kostenlose Zeitung abonnieren?

Das mag vielleicht seltsam erscheinen, aber ja, es gibt ein Abonnement. Es kommen nur die Versand- und Verwaltungskosten hinzu, also ein Briefumschlag. Es gibt Leute, die die Zeitung lieber direkt in ihrem Briefkasten haben möchten, aber auch Leute außerhalb der Region, die sie sonst nicht lesen könnten. Das weit entfernteste Abonnement ist in Südafrika.

 

Was sind Ihre Themen?

Ein bisschen von allem: politische Interviews sowie Darstellungen von Verbänden oder auch Porträts von Leuten, die irgendetwas in der Sologne getan haben. Das einzige Kriterium ist, dass es in der Sologne ist. Ansonsten sprechen wir über alles.

Ich habe gesehen, dass Sie viele Artikel über die Natur haben, die Jagd, den Fischfang…

Sicher. Die Jagd ist ein Phänomen des Tourismus, der Kultur und der Wirtschaft. Die Jagd bringt der Sologne viel ein.

Sie haben darüber im letzen Beiheft gesprochen...

In der Tat. Wir haben ein Frühlingsbeiheft, eins für den Sommer und eins für die Weihnachtsfeiertage. Und es gibt auch ein vierteljähriges, das ,,Le Petit-Solognot Magazine" heißt und in Zeitungsläden verkauft wird.

Wie sind Sie auf den Namen gekommen?

Es gibt den ,,Petit-Parisien" und ich dachte, dass der ,,Petit-Solognot" sehr gut das ausdrückte, was wir machen wollten.

Sind Sie aus der Sologne?

Ich bin in Paris geboren, aber meine Familie kommt väterlicherseits aus der Sologne. Also habe ich Verbindungen hier und während meiner 30 Jahre journalistischer Tätigkeit bin ich viel herumgekommen und ich denke, dass ich die Region ziemlich gut kenne.

Ist der ,,Petit-Solognot" eine Konkurrenz für die Tageszeitung ,,Nouvelle République"?

Natürlich. Als wir kamen, waren sie nicht zufrieden bei der ,,Nouvelle République" , denn die Zeitung hatte eine Monopolstellung. Wie alle Regionalzeitungen eigentlich, die eine Sonderstellung haben, weil sie oft aus den Widestandsbewegungen während des Krieges hervorgegangen sind. Aber nun haben wir ein friedliches und gutes Verhältnis zu ihnen.

Was ist Ihnen an Ihrem Beruf am liebsten?

Es sind die Begegnungen, die ich habe. Ich habe fabelhafte Leute getroffen: einen Wilddieb oder auch einen Wildhüter, sowie den Bürgermeister eines kleinen Dorfes oder auch einen Handwerker, der in seinen Beruf verliebt ist. Das ist wirklich das Interessanteste. Manchmal bleibt man den ganzen Tag dort, weil man sich so wohl fühlt.

Und was gefällt Ihnen nicht allzu sehr?

Die administrative Arbeit. Was mir am wenigsten gefällt, ist, die Journalisten und freien Journalisten leiten zu müssen. Man muss die Zeitung vollständig ausfüllen und alles muss von A bis Z durchorganisiert werden. Ich mag es lieber, die ganze Zeit auf der Straße zu sein, aber dort bin ich immer seltener.

Was ist Ihr Lieblingswort?

Ah, das ist Liebe. Das hat nichts mit Journalismus zu tun, aber die Liebe ist das Schönste. Und danach Leidenschaft. Auf diese Weise passt das mit Journalismus zusammen: die Leidenschaft.

Hinweis: ,,Le Petit-Solognot" wurde von Dominique Laballière und Gérard Bardon kreiert, der der Chefredakteur dieser Zeitung und anderer ist, sowie Verantwortlicher der Sammlung aller Bücher, die von der Gesellschaft CPE verlegt werden.

 

                                                                                                                                  Interview von David und Alina

durchgeführt im April 2010

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