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Der Böse Wolf wurde zu einem Besuch in der Assemblée Nationale in Paris eingeladen. Dort werden die Gesetzeentwürfe besprochen und abgestimmt.

Um Zutritt zu erhalten, musste man seinen Ausweis zeigen und man erhielt einen Anstecker mit seinem Namen. Pascal Favre,  ein Abgeordneter, zeigte uns das Gebäude und beantwortete unsere Fragen.


Von wann stammt das Gebäude?
Ursprünglich wurde das Gebäude von der Tochter Ludwigs des XIV., Madame de Bourbon, errichtet. Neben dem Louvre war zu viel Verkehr. Es handelt sich also um ein privates Stadtschloss, das zwischen 1722 und 1728 gebaut wurde. Seit der Französischen Revolution tagt hier die Nationalversammlung. Seinen Namen jedoch behielt es: Palais Bourbon.


Es ist groß. Es ist schön. Es ist ganz anders als der Bundestag.in Berlin!


Dieser Saal heißt „Saal der vier Säulen“. Er liegt genau zwischen dem Bereich, wo die Abgeordneten tagen, und dem Bereich, wo sich ihre Büros befinden. Man sieht oft im Fernsehen Bilder von diesem Saal, da dort die Interviews mit den Journalisten stattfinden.


Wie streicht man so eine Decke?
Auf dem Rücken liegend.

Sie ist schön vergoldet.
Ja, sie wird alle 100 Jahre restauriert.
Durch den Salon Casimir Périer betreten die Minister den Plenarsaal. Vor euch seht ihr ein Flachrelief. Auf den Bronzetafeln steht die Erklärung der Menschenrechte.
Hier ist die Tür zum Plenarsaal, in diesem Salon können die Abgeordneten etwas aufschreiben, also wird Papier zur Verfügung gestellt.


Wie erkennt man die Abgeordneten? Tragen sie auch ihren Namen wie wir?
Nein, man muss lernen, die Gesichter zu erkennen.
Hier sind wir nun im Plenarsaal. Er stammt von 1820, 1830.

 

Was machen die Abgeordneten, wenn sie etwas sagen wollen?
Wenn ein Abgeordneter etwas sagen will, nimmt er das Mikrofon.
Es gibt Personen, die darüber wachen, ob alles seine Ordnung hat. Jegliches Bekunden von Zustimmung oder Ablehnung ist verboten, also auch Rufe der Zustimmung, d.h. wenn jemand zu offen zeigt, dass er einverstanden ist. An den Sitzungen können auch Zuschauer teilnehmen, und wenn sie sich nicht korrekt benehmen, bitten sie die Saaldiener nach draußen.
Wisst ihr, wie viele Abgeordnete es gibt?


Mehr als 100? 450? 700? 550?
Es gibt 577 Abgeordnete.


Und sind immer alle da?

Nein, es fehlen meist viele.


Wird für eine Abstimmung eine Mindestzahl von Stimmen benötigt?
Normalerweise muss mindestens die Hälfte der Abgeordneten anwesend sein, um über eine Gesetzesänderung zu debattieren, aber das ist sehr, sehr selten. Wenn die Änderung verabschiedet werden soll, ist es jedoch Pflicht

Wie werden die Plätze verteilt?
Jeder Abgeordnete hat einen nummerierten Platz. Die Plätze spiegeln das traditionelle Schema von Rechts- und Linksparteien wieder. Die konservativste Partei sitzt rechts, die revolutionärste links. Die Gruppen werden zusammengestellt und danach erhalten die Fraktionen einen bestimmten Bereich.

Für wen sind die Plätze ganz vorn?
Für die Minister. Dort, wo keine schwarzen Schilder sind.


Wozu dient diese Tafel?
Das ist die Abstimmungstafel. Ihr seht, dass auf den Tischen Knöpfe sind, und wenn die Abgeordneten zur Abstimmung aufgefordert sind, drücken sie entweder auf den Knopf POUR (dafür) oder CONTRE (dagegen). Danach wird alles sofort berechnet und an der Tafel angezeigt.


Und die kleine Glocke, wozu dient sie?
Um bei zu viel Unruhe zur Ordnung zu rufen. Sie wird vom Sitzungspräsidenten verwendet. Zuerst schlägt er mit einem Lineal auf den Tisch, und wenn das nicht reicht, benutzt er die Glocke, das ist ein nachdrücklicherer Aufruf zur Ruhe.


Und wenn es trotzdem weitergeht?
Wenn die Unruhe nicht aufhört, kann er die Sitzung vertagen. Er geht dann. Er ist der Herr der Sitzung.
Er ist der Chef? Also wie der König, die anderen können nichts mehr sagen.
Ganz auf der linken Seite seht ihr kleine aufsteigende Treppen und danach kleine Absperrungen, da musste man mehr und mehr Plätze hinzufügen. Die Treppen wurden gesperrt, um noch Platz zu gewinnen. Es wäre schwierig, die Zahl der Abgeordneten zu erhöhen, weil es technisch problematisch wäre, noch mehr Plätze zu schaffen. Wir stoßen jetzt an die Grenzen.

In der ersten Sitzung, bevor sich die Fraktionen bilden, werden die Abgeordneten alphabetisch platziert, das ist recht lustig, weil sich manche unerwartet als Nachbarn wiederfinden.


Warum sind alle Sitze rot?

Das ist vielleicht ein Erbe der Römer. Dort trugen die Senatoren Purpurrot, um sich von der Masse abzuheben.


Sind die Säulen aus Marmor?
Ja, und das wirkt ziemlich kühl.


Gibt es eine Klimaanlage?
Ja, vorher kamen die Abgeordneten fast um vor Hitze.

Eines Tages hat ein Abgeordneter seine Jacke ausgezogen, weil es ihm zu heiß war, und ausgerechnet eine weibliche Sitzungspräsidentin unterbrach die Sitzung, weil ihrer Ansicht nach die Debatten eine bestimmte Kleidung verlangten und Schlampigkeit nicht geduldet werden könne. Wenn es einem zu heiß war und man die Jacke auszog, hieß das, dass man nicht mehr arbeiten konnte. Zum Arbeiten musste man also die Jacke anlassen.


Und die Besucher, dürfen die sich anziehen, wie sie wollen?
Um hier hereinzukommen, wird normalerweise eine bestimmte Kleidung verlangt, auch bei Kindern. Turnschuhe, T-Shirts und Shorts sind nicht zu empfehlen, und Männer müssen unbedingt eine Jacke tragen. Doch bei den Kindern ist die Toleranz größer.


(Habt ihr bemerkt, dass Léo während des Besuchs seine Kappe abgenommen hat?)

 

Text: Alina, David und Léo

Zeichnungen: Alina

Text, Zeichnungen und Fotos© Grand méchant loup | Böser Wolf

Ein Besuch in der Assemblée Nationale