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"Angst habe ich nicht wirklich"
Wolfgang Schäuble im Interview


Ein Interview der Kinderreporter des Bösen Wolfes mit Wolfgang Schäuble. 2006, als das Interview stattfand, hatte die Fußball-WM gerade in Deutschland stattgefunden. Im Zentrum des Gesprächs standen auch die Drohung mit Terroranschlägen und die deutsch-französische Zusammenarbeit, genau so wie zehn Jahre später.

Was ist die Arbeit eines Bundesinnenministers?

Wolfgang Schäuble: Normalerweise muss er kluge Fragen von jungen Leuten beantworten... Nein. Der Bundesinnenminister ist innerhalb der Regierung zuständig für all die Fragen, die mit innerer Sicherheit, mit Zuwanderung zu tun haben, mit Visa und Integration von Ausländern, und mit Verwaltung, mit Verfassung und auch mit Beamten und Öffentlichem Dienst und Gesetzen.

Was wollten Sie werden, als Sie ein Kind waren?

Wolfgang Schäuble: Als ich ein Kind war, wollte ich Indianerhäuptling werden. Und U-Bootkapitän, später Fußballspieler. Als ich älter wurde, habe ich gedacht, ich würde Anwalt werden wollen. Das bin ich auch geworden.

Was ist Ihr Lieblingsthema bei Ihrer Arbeit?

Wolfgang Schäuble: Sport. Ich bin auch für den Sport zuständig. Das ist natürlich das Schönste. Das geht aber jedem Innenminister so. Normalerweise sind für einen Innenminister die größten Probleme, wenn Anschläge drohen. Ich kann jetzt sagen, ich habe meinen Beitrag geleistet, dass die Fußballweltmeisterschaft so gut gegangen ist.
Ich war ein bisschen traurig, dass Frankreich im Endspiel nicht gewonnen hat. Ich war noch trauriger, dass Deutschland nicht ins Endspiel gekommen ist, aber es war trotzdem schön.

Waren Sie im Stadion beim WM Finale?

Wolfgang Schäuble: Ja. Und ich habe für Frankreich die Daumen gedrückt. Und für Zidane. Er ist ein wunderbarer Fußballer. Und ich war sehr traurig, als er den Kopfball kurz vor Schluss in der Verlängerung nicht hineingekriegt hat, da hätte er fast das 2:1 geschossen für Frankreich, und dann wäre Frankreich Weltmeister gewesen. Und ich war noch trauriger, als er vom Platz gestellt wurde. Zumal ich nicht gesehen hatte, was er gemacht hatte. Jeder wusste, es ist da letzte Spiel von Zidane, ein großer Fußballer. Und es wäre schön gewesen, wenn er zum Abschluss noch einmal Weltmeister geworden wäre und noch selber die Tore geschossen hätte!

Wie ist die Zusammenarbeit mit Frankreich? Besser als mit anderen Ländern?

Wolfgang Schäuble: Ja. Wir sind zwar auch schwierige Länder, aber Frankreich und Deutschland haben schon eine besondere Beziehung. Wir haben die intensivste Zusammenarbeit. Das war der Anfang der europäischen Entwicklung nach dem Krieg, dass man gesagt hat, jetzt machen wir aber zwischen Frankreich und Deutschland nicht mehr wie früher Feindschaft. Wir wollen jetzt gemeinsam Europa bauen. Und wenn Frankreich und Deutschland nicht zusammenarbeiten, dann wird Europa nicht werden. Deswegen müssen wir zusammenarbeiten, nicht nur für uns, aber auch für andere. Wir müssen aufpassen, dass wir die anderen nicht eifersüchtig machen. Dass sie sich nicht ausgegrenzt fühlen. Aber die Zusammenarbeit von Frankreich und Deutschland ist schon ein Kern der europäischen Entwicklung.

Wie finden Sie die Paralympics?

Wolfgang Schäuble: Toll. Was sie da machen, ist sensationell, und es zeigt, die haben mindestens so viel Freude am Sport wie die nicht behinderten Sportler bei den Olympischen Spielen. Das Tröstliche ist ja, und das sage ich oft, seitdem ich im Rollstuhl bin, bin ich nicht weniger glücklich als ich vorher war. Ich sage nicht, es ist toll im Rollstuhl zu sein, aber das Leben, die Art, wie man sich fühlt, ob man glücklich ist oder zufrieden, das hat damit wenig zu tun. Und das ist ganz gut. Dann wird man ruhiger. Braucht man nicht so viel Angst haben.

Was gibt Ihnen Kraft im Leben?

Wolfgang Schäuble: Das Wissen, dass einem nur ein Leben geschenkt ist und dass es eigentlich schön ist, dass man leben darf. Und wenn man mit so netten jungen Menschen zusammen ist wie ihr, dann freut man sich. Es gibt viele Anlässe sich zu freuen.

Wovor haben Sie am meisten Angst?

Wolfgang Schäuble: Puh. Wovor ich Angst habe... Wenn ich mit meiner Frau Streit kriege. Dann geht es mir so schlecht. Sonst habe ich nicht soviel Angst.

Interview: Alina, David, André, Sidney
Zeichnungen: Alina
Text, Zeichnungen und Foto: © Grand méchant loup | Böser Wolf. 2006